Wenn Rafael über Fortnite redet, dann mit großem Enthusiasmus. "Ich war bei einem Freund und wir haben bei dem Fortnite gezockt", sagt der Zehnjährige. "Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich irgendwie sofort süchtig geworden bin." Als er später wieder zu Hause saß, habe er nicht weiterspielen können, weil er keine Playstation besessen habe. "Und das war irgendwie echt schlimm für mich."

Weil das Spiel damals nur über die Konsole funktionierte und es noch keine Android- oder iOS-Version gab, überzeugte Rafael seine Eltern davon, ihm zu erlauben, sich eine Spielkonsole zu kaufen von dem gesparten Geld, das er zu Weihnachten und zum Geburtstag bekommen hatte. Doch er besaß die Playstation nicht mal einen Tag, da begann bereits der Stress. Auslöser war Fortnite, das Videospiel, das er schon mit seinem Freund ausprobiert hatte.

Nachdem er das Gerät angeschlossen hatte, zockte Rafael, so viel es nur ging. Seiner Mutter fielen Veränderungen an ihrem Sohn auf. Er habe sich wie ein Hampelmann verhalten, habe ganz merkwürdige Bewegungen gemacht, sagt Maria Rose, Rafaels Mutter. "Er war total gereizt, schrie unartikuliert herum, wurde schnell zornig und mir gegenüber sehr unverschämt." Das ging so weit, dass er seine Mutter beleidigte. Maria Rose kassierte die Spielkonsole ein.

Wer übrig bleibt, gewinnt

Das klingt erst einmal nach einer gewöhnlichen Auseinandersetzung zwischen Eltern und ihren Kindern. Fernsehsendungen, Smartphones, Videospiele: Ob und wie lange Jugendliche bestimmte Geräte nutzen und Medien konsumieren dürfen, ist ein ständiger Streitpunkt zwischen ihnen und ihren Erziehungsberechtigten. Gegensätzliche Ansichten zwischen Müttern, Vätern und ihrem Nachwuchs gehören halt zur Pubertät dazu.

Doch Fortnite stellt Mütter und Väter vor eine besondere Herausforderung: Ihre Kinder können oft nur schwer mit dem Spielen aufhören. Forscher vermeiden bewusst das Wort "Sucht", wenn sie über das Hypespiel reden: Der Begriff könne den durchschnittlichen Gamer stigmatisieren, sagte der schottische Forscher Andrew Reid der BBC.  Er betont aber auch, dass das Game dazu anhalte, es immer wieder von vorne zu starten.

Gewalt dient nur dem Zweck, Gegner aus dem Spiel zu werfen.
Torben Kohring

Ein Phänomen, das Müttern und Vätern Sorgen bereitet. "Eltern fragen nicht mehr, wie gewalttätig ein Spiel macht, sondern wie sie in den Griff bekommen sollen, dass ihr Kind stundenlang spielt", sagt Medienpädagoge Torben Kohring. Zwar gibt es auch Experten wie den US-Psychologen Leonard Sax, die mahnen, dass jedes Videospiel, in dem andere virtuelle Personen getötet werden, für Gewalt desensibilisiere. Aber angeschossene Figuren in Fortnite leiden nicht, auch Blut wird nicht dargestellt. Jugendschützer wie Kohring halten es daher für unbedenklich. "Gewalt dient nur dem Zweck, Gegner aus dem Spiel zu werfen", sagt der Leiter der Fachstelle Jugendmedienkultur NRW. Rund 125 Millionen Menschen spielen das Hypegame, bis zu zwei Millionen davon gleichzeitig – viele davon sind Teenager.